Samstag, April 20

Ende Gelände: Rippenbruch bei Journalistin durch Polizeipferde

Polizeipferd verletzt Journalist*innen in Keyenberg. Bild: Martin Michel - Libertad Media

Im Zuge der Proteste des Bündnisses Ende Gelände kam es im Dorf Keyenberg am Samstag 26. September 2020 zur Verletzung von mindestens zwei Journalist*innen durch den Einsatz von Pfefferspray und Polizeipferden. Der orangene Finger (170-200 Personen) umging eine Polizeiabsperrung im Dorf Keyenberg um 12:55 Uhr und bewegte sich Richtung Tagebau. Dabei nutzten die Aktivist*innen einen kleinen Privatweg, der neben einer mit Stacheldraht umzäunten Weide entlang führte. Die Polizei stoppte die Demonstration um 12:58 Uhr mit einigen Polizeipferden und die Aktivist*innen blieben sofort stehen. Die Reiterinnen setzten gegen die Demonstrant*innen, obwohl der Finger bereits gestoppt hatte, Pfefferspray und Reitergerten ein. Neben dem Privatweg hinter dem Stacheldrahtzaun standen drei Journalist*innen: Noah Berendt (Freier Journalist), Manuela Bechert (Freie Journalistin im Auftrag der jungen Welt) und Mstyslav Chernov (Associated Press). Alle drei waren als Pressevertreter*innen zu erkennen. Bechert hatte beispielsweise, wie auf Bildern zu erkennen, ihren Presseausweis um den Hals hängen. Die Polizistinnen besprühten Bechert nach eigenen Angaben gezielt mit einer Salve Pfefferspray. Diese lief nach Hilfe suchend auf der Weide weiter nach hinten und wurde von Aktivist*innen (über den Zaun) mit Wasser versorgt um ihre Augen zu spülen.

Eines der Pferde scheute, nach Wahrnehmung anwesender Journalist*innen aufgrund des Pfeffersprayeinsatzes der Reiter*innen, im selben Moment und galoppierte komplett außer Kontrolle durch den Stacheldrahtzaun auf die Weide. Dabei blieben zwei der Drähte im Pferd hängen und schossen mit hoher Geschwindigkeit mit dem Pferd über die Weide. Bechert wurde am Zaun stehend sofort mitgerissen und die Journalisten Chernov und Berendt wurden etwa 12 Meter vom Zaun entfernt vom Draht erfasst und zu Boden gerissen. Chernov wurde dabei am Arm getroffen und trug zwei leichte Schnittwunden davon. Berendt hatte Glück und der Draht erfasste eine Plastikflasche am Rucksack, die komplett zerschnitten wurde. Manuela Bechert hat die schwersten Verletzungen davon getragen. Sie wurde viele Meter vom Draht über die Wiese geschliffen und verlor kurzzeitig ihr Bewusstsein. Dabei hat sie einen Rippenbruch unter der rechten Brust, mehrere Hämatome und eine Gehirnerschütterung davon getragen, wie sie in einem Videostatement berichtete. Ob sie danach nochmal vom Pferd erfasst wurde ist unklar. Sie wurde von Demosanitäter*innen erstversorgt und anschließend von einer Kollegin in ein Krankenhaus gefahren. Auch das Pferd trug Verletzungen davon. Am vorderen linken, sowie am hinteren rechten Lauf hat der Stacheldraht die Haut an mehreren Stellen zerschnitten. Die Wunden bluteten leicht.

Auf Anfrage teilte die Polizei Aachen mit, die anwesenden Beamt*innen hätten den verletzten Pressevertreter*innen „umgehend medizinische Betreuung angeboten“, die wäre jedoch abgelehnt worden. Auf Rückfrage konnten anwesende Pressevertreter*innen übereinstimmend berichten, dieses Angebot weder bekommen noch wahrgenommen zu haben. Auch um das verletzte Pferd kümmerte sich die Polizei erst nach über anderthalb Stunden. Auf Nachfrage, ob der Reiter*in bewusst wäre, dass ihr Tier verletzt sei, antwortete diese nur „Ja“.


Die Tiere blieben weiter im Einsatz auf der Weide und zeigten deutliche Stresssymptome. Die Demosanitäter*innen wurden schließlich um Hilfe gefragt und wenigstens die Wunden desinfiziert. Die Tiere blieben noch etwa eine weitere dreiviertel Stunde im Einsatz.

Die Polizei Aachen sieht die Situation etwas anders. Der Einsatz der Pferde sei ein „geeignetes Hilfsmittel der körperlichen Gewalt gem. §58 Abs 3 Polizeigesetz NRW“. Die Polizei möchte aus „einsatztaktischen Gründen“ keine Stellungnahme abgeben, ob der beschriebene und dokumentierte Pfeffersprayeinsatz überhaupt stattgefunden hat. Die Pressestelle sah sich auch außer Stande festzustellen, ob die Pferde verletzt seien, die Reiterstaffel müsse noch nachberichten.

Inwiefern die eingesetzte Gewalt überhaupt gerechtfertigt und verhältnismäßig war ist fraglich. Die Aktivist*innen hatten bereits gestoppt und es waren ausreichend Polizeikräfte vor Ort, um sie weiter aufzuhalten. Der Einsatz von Pfefferspray neben Pferden ist Tierquälerei und sollte in der Landespolizei Nordrheinwestfalen dringend aufgearbeitet werden.

Text und Bilder: Martin Michel

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