Samstag, April 27

Aus Protest gegen Klimapolitik: Aktivist*innen steigen Jenaer Gaskraftwerk aufs Dach.

Aktivist*innen auf den Schornsteinen des Jenaer Gaskraftwerks. Bild: Martin Michel / Libertad Media

Seit Mittwochmorgen blockiert eine Gruppe von Aktivist*innen unter dem Motto „Gas Is Over“ das Heizkraftwerk in Jena-Winzerla. Gegen 06:00 Uhr kletterten einige Aktivist*innen auf die über 100 Meter hohen Schornsteine des Heizkraftwerks Jena und befestigten Transparente an den Schornsteinen. Sie protestieren für eine sofortige Energiewende, für Klimagerechtigkeit und kritisieren die lokale Klimapolitik.

Telefoninterview mit den Aktivist*innen in luftiger Höhe

Eine Aktivistin, Smilla Ritter, äußert sich zu ihren Beweggründen für die Aktion: „Wir können unsere Energie nicht länger aus fossilem Erdgas beziehen! Das ist nicht nur unfassbar klimaschädlich sondern zerstört auch Lebensgrundlagen im globalen Süden. Aus menschenfeindlicher Profitlogik heraus, machen fossile Konzerne im globalen Norden also Gewinne mit der Ausbeutung von Regionen im globalen Süden. Das ist Neokolonialismus und muss aufhören! Stattdessen plant Jena noch bis nach 2035 mit Erdgas in der Fernwärmeversorgung, das finden wir nicht tragbar.“

Drohnenaufnahmen der Besetzung des Gaskraftwerks Jena / Video bereitgestellt von GasIsOver@climatejustice.rocks (Mastodon)

Letzte Woche sollte im Jenaer Stadtrat der Klimaaktionsplan beschlossen werden, der es sich zum Ziel setzt, Jena bis 2035 klimaneutral zu machen. Wegen zahlreicher Änderungsanträge konnte der Antrag letzte Woche aber nicht verabschiedet werden und soll nun im April erneut behandelt werden. In der Fernwärmeversorgung sieht der Klimaaktionsplan vor, dass bis 2035 85% der Fernwärmeversorgung aus erneuerbaren Quellen oder Wasserstoff bezogen wird, bis 2040 soll 85% der dafür benötigten Energie durch Flussthermie erzeugt werden. Insgesamt sollen 2035 noch 20% Restemissionen bleiben, diese sollen dann kompensiert werden, so der Klimaaktionsplan. Auch das kritisieren die Aktivist*innen.

„Es wird Zeit dass wir gesellschaftlich endlich Verantwortung für unseren Beitrag zur Klimakrise übernehmen. Es kann nicht sein, dass wir bis nach 2035 noch fossiles Gas verfeuern und die Emissionen dann nachträglich kompensieren wollen. Umso wichtiger, jetzt so schnell es geht radikale Maßnahmen für mehr Klimagerechtigkeit zu ergreifen. Die Jenaer Stadtpolitik hat das anscheinend noch nicht begriffen. Anstatt ein wirklich ambitioniertes Maßnahmenpaket abzustimmen, wird über einen Klimaaktionsplan verhandelt, der noch nicht mal für Klimaneutralität 2035 ein gutes Konzept hat, sondern nur haufenweise Emissionen kompensieren will. So funktioniert das nicht. Und selbst dieser Beschluss wird im Stadtrat von Monat zu Monat verschleppt. Das Zeitfenster, in dem wirkungsvolle Maßnahmen getroffen werden können wird immer kleiner, wir brauchen Veränderung jetzt und zwar schnell!“ kommentiert Nadine Greif die Jenaer Klimapolitik.

Die Erzeugung von Strom und Wärme durch fossiles Gas ist durch den CO2-Ausstoß beim Verbrennen und durch unvermeidbare Leckagen in der Förderung und beim Transport klimaschädlich. Erdgas besteht zum allergrößten Teil aus Methan, ein Treibhausgas, das in den ersten 20 Jahren etwa 86-mal klimaschädlicher ist als Kohlenstoffdioxid. Nimmt man CO2- und Methan-Ausstoß zusammen, ist die Verwendung von fossilem Flüssiggas, sogenanntem LNG, genauso klimaschädlich wie Braunkohle. Durch die immense Kühlung die für den Transport von LNG notwendig ist, ist dieses Verfahren außerdem sehr energieintensiv und damit emissionsreich. In Brunsbüttel, Lubmin und Wilhelmshaven sind seit Ende 2022 die ersten deutschen LNG-Terminals in Betrieb, mindestens sechs weitere Terminals sollen in den nächsten Jahren in Betrieb genommen werden.

„Der letzte Woche erschienene IPCC-Bericht ist mutmaßlich der letzte bevor bedeutende unumkehrbare Klima-Kipppunkte fallen werden. Umso wichtiger anzuerkennen, dass Gas vorbei ist! Erdgas ist aber nicht nur für das Klima eine Katastrophe. Die Förderung von Erdgas führt zu massiven Zerstörungen und Energie- und Wirtschaftskrisen im globalen Süden. Die aktuellen Pläne der europäischen Gasindustrie drohen, die kolonialen Ungerechtigkeiten im Globalen Süden zu verschärfen, indem lokale Ressourcen ausgebeutet, Gemeinschaften enteignet und Ökosysteme irreversibel beschädigt werden. “ erklärt Lars Borman, eine an der Aktion beteiligte Aktivist*in.

Pressemeldung der Aktivist*innen

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