Freitag, März 29

Solidarität in Jena mit #BlackLivesMatter – „wir sollten ein System hinterfragen, welches Menschen auf brutalste Weise umbringt“

Jena. Am gestrigen Dienstag demonstrierten über 400 Menschen in der Jenaer Innenstadt. Ziel der Demonstrierenden war eine Solidarisierung mit der Blacklivesmatter-Bewegung und anderen Organisationen, welche sich für die Rechte von Schwarzen Mitmenschen engagieren.

Anlass der Demonstration war der mutmaßliche Mord an George Floyd, einem US-Amerikaner aus Minneapolis. Dieser wurde bei einem Polizeieinsatz am 25. Mai 2020 von Derek Chauvin (Polizei Minnesota) regelrecht zu Tode gefoltert. Chauvin kniete fast 10 Minuten auf dem Hals von Floyd während dieser sechzehnmal sagte „ich kann nicht atmen“. Laut einer durch die Familie Floyds in Auftrag gegebenen und einer zweiten offiziellen  Autopsie starb Floyd durch einen Herz-Kreislauf-Stillstand durch „Druck auf den Nacken“ noch auf der Straße. Der Mord sorgte für landesweite und mittlerweile weltweite Proteste gegen Rassismus. Diese waren in den USA überwiegend friedlich, aber auch von sozialen Unruhen und Plünderungen begleitet.

Bereits im Vorfeld der Demonstration hatte es eine hitzige sowie konstruktive Debatte zur fehlenden Einbindung von POC-Gruppen (People of Color) in die Demonstration gegeben. Diese Kritik wurde auch durch Konrad Erben von der Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland zu Beginn der Demonstration am Holzmarkt vorgetragen, welcher die Auftaktkundgebung daraufhin demonstrativ verließ. Dem schlossen sich einzelne Menschen an. Erben kritisierte die fehlende Einbindung verschiedener Gruppen, welche sich mit den Interessen von Schwarzen Menschen, Geflüchteten und Migrant*innen beschäftigen. Auch verurteilte er scharf, dass  Solidaritätsaktionen nur stattfänden, wenn wieder ein Schwarzer Mensch getötet wurde.

Auf Nachfrage beim Anmelder der Demonstration teilte dieser mit, dass die Organisationen „The VOICE Refugee Forum Germany“ und „Decolonize Jena!“ im Vorfeld der Demonstration am Sonntag angefragt wurden. 

Nach diesem Beitrag schien sich die Demonstration fast aufzulösen. Spontan ergriffen drei weitere Menschen das Wort (POC – Anmerkung der Redaktion: wir nennen normalerweise keine Zuschreibungen zu Menschen aufgrund ihres Äußeren. In diesem Fall ist es aber für das Verständnis der Situation notwendig). Sie kritisierten auch die fehlende Einbindung von Betroffenen, forderten aber die Durchführung der Demonstration. Sie sagten: „wenn wir dieses fucking System verändern wollen müssen wir auf die Straße“ und „wir wollen unsere Wut hier und heute gemeinsam in die Öffentlichkeit tragen“. Sie forderten auch den Blick nicht nur auf die USA zu lenken und auch den Rassismus in unserer eigenen Gesellschaft zu adressieren.

Daraufhin setzte sich die Demonstration in Richtung Pulverturm in Bewegung und wuchs auf über 400 Menschen an. In ihrem weiteren Verlauf über den Löbdergraben, Fürstengraben und die Thüringer Landesbibliothek ertönten einige Sprechchöre, die auf den Rassismus in Gesellschaft, Polizeiapparat und Nationalstaat aufmerksam machten. Auch antikapitalistische Parolen waren zu hören. Auf weiten Strecken glich die Demonstration allerdings einem stillen Gedenken.


Zum Ende der Demonstration ergriff eine weitere Demonstrantin (auch POC) das Wort. Sie sagte, dass alle, die auf dieser Demonstration seien, mit Sicherheit einen guten Grund dafür hätten. Diese Gründe wolle sie nicht hinterfragen. Sie wolle lieber „das System hinterfragen, welches Menschen auf brutalste Art und Weise umbringt“. Solidarität sei keine Frage der Hautfarbe, es sei eine Frage der Menschlichkeit. Solidarität sollen alle zeigen, jeden Tag: am Arbeitsplatz, in der Universität oder der lokalen Antifa-Gruppe. Wer eine große Bewegung gegen Rassismus möchte, müsse zeigen, dass diese Menschen die Mehrheit sind. Sie rief dazu auf, sich nicht auseinanderdividieren zu lassen. Alle auf dem Platz sollten eintreten für eine Gesellschaft ohne Faschismus und Rassismus. Sie appellierte allerdings auch für die Einbindung von migrantischen Gruppen bei der nächsten Demo. Eine Einbindung nicht nur durch Redebeiträge, sondern auch in die Organisation.

Zeitraffer der Demonstration

Auf der gesamten Kundgebung haben inhaltlich mit Ausnahme des Anmelders nur People of Color gesprochen.

Gustav Emmerich
Martin Michel

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