Update: Die Beschlagnahmung unserer Bilder wurde gerichtlich verboten: Hier findet sich die Fotodokumentation der Demonstration.
In Jena haben etwa 50 Aktivist*innen das bestehende Demonstrationsverbot durchbrochen. Sie demonstrierten in einem kurzen Aufzug durch die Stadt, um auf die Situation der Geflüchteten an den EU-Außengrenzen und besonders im vollkommen überfüllten Lager Moria auf Lesvos aufmerksam zu machen.
Dabei hielten sie sich augenscheinlich an strenge Hygienemaßnahmen. Es wurden mehr als 1,5 Meter Abstand zwischen den Teilnehmenden eingehalten und größtenteils demonstrierten ausschließlich Zweiergruppen (Mini Demonstrationen), mit weitem Abstand. Mit zahlreichen Transparenten und Plakaten machten die Demonstrationen dennoch auf sich aufmerksam. Alle Menschen trugen Mund-Nasenschutz (Maske).
Die unangemeldeten Demonstrationen starteten 14:00 Uhr auf dem Holzmarkt und bewegten sich in den Paradiespark. Auf ihrer Route wurden sie von der Polizei noch nicht entdeckt. Im Paradiespark fuhr dann ein Wagen der Thüringer Polizei vor die Demonstration und begleitete diese. Nach etwa 10 Minuten wurden weitere Kräfte hinzugezogen und Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten der Polizei versuchten die Demonstrierenden festzusetzen.
Die eingesetzten Polizist*innen hatten dabei weniger strenge Hygienekonzepte. Die zuerst hinzugezogenen Einheiten hatten weder Schutzmasken, noch hielten sie den Sicherheitsabstand ein. Betroffene der polizeilichen Maßnahmen beschwerten sich mehrfach darüber.
Dabei gingen die Beamten (nur Männer) sehr robust vor. Sie schubsten vermeintliche Teilnehmer*innen der Demonstration, rissen an Plakaten und rannten Einzelpersonen hinterher. Dies haben wir dokumentiert, können die Bilder jedoch nicht zeigen. Die Polizist*innen störten sich an der Präsenz von zwei Pressevertretern von Libertad Media,welche deutlich mit gelben Warnwesten mit der Aufschrift PRESSE gekennzeichnet waren. Über Funk gab einer der Beamten seinen Kollegen zu verstehen man könne nicht frei agieren, da „Paparazzis“ vor Ort seien.
Die Thüringer Polizei fand dann eine kreative Lösung der problematisierten „Paparazzis“. Beide wurden festgenommen und mit 13 Demonstrierenden in einen errichteten Kessel gesperrt. In diesem war ein Sicherheitsabstand von 1,5 Metern nicht einzuhalten. Eigentlich gilt in Thüringen weiterhin die im Grundgesetz verankerte Pressefreiheit. Dies hielt die Beamt*innen jedoch nicht davon ab die Kameras, also die Arbeitsmittel der Journalisten zu konfiszieren. Eigentlich gilt in Deutschland auch ein Redaktionsgeheimnis, welches genau solche Eingriffe in die Aufzeichnungen von Berichterstatter*innen verhindern soll.
Durch Intervention der Pressestelle der Landespolizeiinspektion Jena konnten unsere beiden Fotografen zumindest ihre Kameras zurückerhalten. Die Speicherkarten wurden allerdings einbehalten. Dies geschah auf Anordnung der Staatsanwaltschaft Gera. Insgesamt wurden die Pressevertreter*innen für fast zwei Stunden festgehalten. Sie wurden zwar freundlicher als die mutmaßlichen Demonstrant*innen behandelt, dennoch wurde auch ihnen der Zugang zu Getränken verwehrt.
Als Begründung der Maßnahme steht im Beschlagnahmungsprotokoll nun: Verletzung vom Recht am eigenen Bild. Von wem genau ist nicht kommuniziert. Wie eine Kamera das Recht am eigenen Bild verletzt haben soll ist unklar. Für diesen Straftatbestand müssen Bilder veröffentlicht werden. Dies können Spiegelreflexkameras in der Regel nicht.
Durch die Beschlagnahmung muss dieser Artikel ohne Bilder auskommen. Teile der Thüringer Regierungsparteien wollen bereits morgen über Lockerungen des Versammlungsverbotes beraten, dies erfuhren wir aus Koalitionskreisen.
In eigener Sache:
Wir fordern das Thüringer Innenministerium zur sofortigen Rückgabe der Speichermedien auf und eine klare Zusage diese nicht für Beweissicherung zu nutzen. Die Pressefreiheit und das Redaktionsgeheimnis sind wichtige Grundrechte. Diese müssen auch in der Corona-Pandemie gelten. Das Verhalten der Thüringer Polizei ist einer Demokratie unwürdig und klar rechtswidrig. Die Pressefreiheit gilt nicht nur für hauptberufliche Journalist*innen sondern für die gesamte Presselandschaft.
Update 22 April 11:00:
Die Thüringer Polizei hat uns eine der zwei Speicherkarten zurückgegeben und versprochen diese nicht ausgelesen zu haben. Die zweite wird übergeben sobald Kontakt zum entsprechenden Fotografen hergestellt ist.
Update 2 (13:30):
Beide SD Karten sind nun wieder bei uns.
Martin Michel
Moin, die Polizei darf die Kamera. nicht einfach wegnehmen, denn die Bilder darfst du machen, nur die Verwertung der Bilder darf eingeschränkt werden. Die Speichermedien übergeben zu müssen ist klar rechtswidrig. Wenn der Besitzer der Kamera als Journalist erkennbar ist, sind die Hürden für eine Beschlagnahme noch höher, weil man nicht von Gefahr im Verzug ausgehen kann, das Bilder veröffentlicht werden, auch wenn das rechtlich nicht erlaubt sein könnte.
Wie habt ihr euch als Journalist ausgewiesen? Mit einem Presseausweis?
Wenn die SDs wieder da sind, koennt ihr ja die Bilder reinstellen. Danke
Die findest du in diesem Artikel: https://libertad-media.de/2020/beschlagnahmung-unserer-bilder-vom-gericht-aufgehoben-bilder-von-der-abstandsdemo/