Dienstag, März 19

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»Deutschland als Knüppelwort«: Die »Wende« in den Tagebüchern von Thomas Rosenlöcher

„Klassisch subversiv“ ist eine Kolumne über Bücher aus der Vergangenheit, die noch immer klüger, kritischer und gewitzter sind als unsere verlogene Gegenwart. Im letzten Artikel der Reihe ging es um Kurt Fassmanns Lyriksammlung Gedichte gegen den Krieg. Der folgende Text entstand zum 32. Tag der Deutschen Einheit. Das Einzige, was die öffentliche Debatte um den Tag der Deutschen Einheit an kollektiver Verkrampfung und Phrasendrescherei noch übertreffen kann, ist eine Debatte um die Debatte um den Tag der Deutschen Einheit. Aber da müssen wir jetzt durch. Im Fokus linker Erinnerung an die „Wende“ steht seit Langem der Bruch zwischen Herbst und Winter 1989, als die „Wir-sind-das-Volk“-Rufe der in Leipzig und anderswo in der DDR versammelten Massen in einen Einheitstaumel umschlugen, d...
Krank glücklich, glücklich krank: »Paradise City & das unentdeckte Land«
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Krank glücklich, glücklich krank: »Paradise City & das unentdeckte Land«

Alle sind glücklich oder dürfen sich damit begnügen, ihr Glück zu finden. Hinter den Stadttoren von Paradise City tut sich ein farbenfrohes Fest der Freude auf, wo jede und jeder eingeladen ist, das eigene Wohlbefinden zu steigern. Denn Paradise Citys Bewohner*innen wissen, wovon sie reden, wenn sie einem Tipps zur Selbstoptimierung geben oder von ihrer glückseligen Partnerschaft schwärmen: Die Gemeinde ist vor einem Jahr zur weltweit glücklichsten Stadt gekürt worden. Das wollen die Bewohner*innen mit ihren Gästen zusammen feiern. Es ist eine Zerrwelt, die die Freie Bühne Jena am letzten Juniwochenende im Kulturschlachthof aufgebaut hat, vor Publikum muss sie sich nicht scheuen. „Paradise City & das unentdeckte Land“ heißt das selbst konzipierte Stück – alle kommen hier auf ihre K...
Queerness, Christus und die Kunst des Lebens: Oscar Wildes vergessener Gefängnisbrief
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Queerness, Christus und die Kunst des Lebens: Oscar Wildes vergessener Gefängnisbrief

Die Kolumne „Klassisch subversiv“ würdigt Bücher aus der Vergangenheit, die noch immer klüger, kritischer und gewitzter sind als unsere verlogene Gegenwart. Im letzten Artikel der Reihe ging es um Raymond Carvers Stories. Trost ist, auf den ersten Blick, ein konservatives Gefühl. Trost bedeutet vor allem eine Aussöhnung mit dem Bestehenden, trieft von Trauer, Schicksal, Ausweglosigkeit – kurz: Komplizenschaft mit der eigenen Kapitulation. Aber Trost kündet auch von der heilsamen Wirkung menschlicher Gemeinschaft, sei er in einem Gespräch zu finden oder in einem Buch. Darin liegt seine subversive Kraft. Ich werde nie erfahren, wie es ist, für seine sexuelle Orientierung öffentlich gepeinigt und gerichtlich belangt zu werden, habe noch nie die Einsamkeit einer kalten Gefängniszelle er...
»Spuren der Arbeit«: Organisierung als Selbstorganisierung
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»Spuren der Arbeit«: Organisierung als Selbstorganisierung

Jena. Am Freitagabend fand im Lobedaer Ortstreff Emils Ecke eine Buchvorstellung der International Workers of the World (IWW) statt, die das örtliche Frauenstreikbündnis organisiert hatte. Die IWW – auch „Wobblies“ genannt – sind eine Basisgewerkschaft, die Arbeitskämpfe vor allem in den USA und Kanada organisiert und prägend für die anarchistische Bewegung in Nordamerika war. Ein wichtiger Teil ist dabei die klassenkämpferische Grundhaltung – so auch im Buch Spuren der Arbeit, das Geschichten aus dem Alltag von Arbeiter*innen versammelt. Zwei Referenten des deutschen Ablegers der Gewerkschaft haben daraus vorgelesen. Das Buch wurde zu einem Großteil aus dem Englischen übersetzt und geht auf eine Publikation der IWW von 2013 zurück, die Beiträge aus einem linksradikalen Blogprojekt nam...
NS, NSU, Hanau: Der schier unmögliche Weg zur „mutigen Mehrheit“
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NS, NSU, Hanau: Der schier unmögliche Weg zur „mutigen Mehrheit“

Mit dem wuchtigen überregionalen Selbsterfahrungs-Theaterprojekt „Die mutige Mehrheit“ sind Antje Schupp, Necati Öziri und ihre Gäste übers Wochenende in Jena zu Besuch gewesen, wo sie in Kooperation mit dem Theaterhaus die städtische Veranstaltungsreihe "Kein Schlussstrich!" zum Terrornetzwerk NSU fortsetzten. Unser Autor hat sich sieben der Panel-Veranstaltungen angehört. Antje Schupps „Deutschkunde 2021“ ist ein Theaterprojekt, in dem es keine Schauspieler*innen gibt. Die Kritik an der Mehrheitsgesellschaft, die darin 10 Jahre nach Auffliegen des NSU erschallt, liegt weniger in der Performance als in der solidarischen Geste, das Jenaer Volksbad für ein zweitägiges Panel zur Bühne für Betroffene rassistischer Anfeindung und ihre Verbündeten zu machen. Die Tagung, die am Wochenende...
„Dieses Spießbürgerliche hat mich angekotzt“ – Alternative Jugendkultur in der DDR und heute
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„Dieses Spießbürgerliche hat mich angekotzt“ – Alternative Jugendkultur in der DDR und heute

Dem Outfit eines Punks haftet heute fast etwas Traditionelles an. Etwas Traditionelles, das aber am Konservativen immer noch so zielsicher vorbeischlittert wie einst. Die Normen, gegen die alternative Subkulturen dieser Tage rebellieren, zeigen sich eben als genauso beharrlich wie die Zurschaustellung bunter Frisuren, durchpierceter Haut und der Verachtung eines allgemeinen Arbeitsfetischs. Auch in Ostdeutschland war der Wandel, der sich seit der Geburt des Punk in den 1970er Jahren bis heute vollzogen hat, wohl nicht tief genug, dass er die anti-autoritäre Pose mit dem Untergang des paternalistischen SED-Staates sogleich überflüssig gemacht hätte. Die dokumentarischen Kurzfilme Peter Wensierskis legen Zeugnis davon ab, wie geschichtsträchtig die widerspenstigen Jugendkulturen von Pun...
Dem haben wir’s geschworen
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Dem haben wir’s geschworen

Es gehört gewissermaßen zur ideellen Denkmalspflege der Linken, sich mit den Irrungen und Wirrungen der SPD mittels ihrer historischen Opfer zu beschäftigen. Besonders der Doppelmord an Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht zu Beginn der Weimarer Republik gilt als symptomatisch für die Machtversessenheit einer verkommenen, ehemals revolutionären Partei. Rosa Luxemburg erfährt darüber hinaus häufig Beachtung als Theoretikerin, deren Gedanken zur politischen Ökonomie, zur "Spontaneität der Massen" und zur russischen Revolution bis heute rezipiert werden. Auch als Briefeschreiberin dürfte sie einigen bekannt sein. Aber was ist mit ihrem berühmten Mitstreiter? Was hat uns Karl Liebknecht noch zu sagen? Der Autor und Regisseur Klaus Gietinger meint: eine ganze Menge. Mit seiner Liebknecht-Monogra...
»Nichtstadt«: Eine Abrechnung – und eine Liebeserklärung an Jena
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»Nichtstadt«: Eine Abrechnung – und eine Liebeserklärung an Jena

Light, Life, Liberty - so lautet die Losung der Nachwende-Boomstadt Jena, wenn es nach den Architekt*innen ihrer PR geht. Das verheißungsvolle Prädikat "Lichtstadt" haben sie der Kommune gegeben, die für ihre Optik-Industrie und ihre jahrhundertealte Universität bekannt ist. Doch was steckt hinter diesen luftigen Slogans und teuren Aushängeschildern? Wie ist es um die Menschen bestellt, die Jena einfach nur ihr Zuhause nennen? Dieser Frage geht ein neuer Dokumentarfilm nach, den ein Team um den Filmemacher Pablo Mattarocci diesen Freitag im Kulturschlachthof premieren wird. Der Titel - "Nichtstadt - Portrait eines Fortschritts" - ist bitterböse Ironie, denn der Film richtet sein Augenmerk auf zivilgesellschaftliche Vereine, städtische Subkulturen und Menschen auf der Suche nach Wohnra...
Privateigentum als Forschungsgegenstand: Ein Gespräch mit Marlen van den Ecker
Allgemein, Feuilleton, Schlagzeilen

Privateigentum als Forschungsgegenstand: Ein Gespräch mit Marlen van den Ecker

Im Juli wurde der neue Sonderforschungsbereich "Strukturwandel des Eigentums" in Jena eröffnet, worin Sozialwissenschaftler*innen aus Jena, Erfurt, Berlin, Oldenburg und Darmstadt die "krisenanfällige und hochgradig umstrittene" Institution des Privateigentums untersuchen werden, wie es auf deren Webseite heißt. Um einen Einblick in die Arbeit der Forscher*innen zu gewinnen, habe ich mich mit Marlen van den Ecker getroffen, die dieses Jahr ihr Dissertationsprojekt zu geistigem Eigentum begonnen hat. Ein Gespräch über Wissenschaft, die jede*n etwas angeht. Als Ende letzten Jahres die Mitteilung der Deutschen Forschungsgemeinschaft eintrudelte, dass sie das neue überregionale Forschungsvorhaben "Strukturwandel des Eigentums" finanziell fördern werde, überschrieb die Friedrich-Schiller-Un...
»Der Clowns-Kongress«: Humor wird dich nicht retten
Feuilleton, Regional (Jena)

»Der Clowns-Kongress«: Humor wird dich nicht retten

Das Publikum ist schlecht aufgelegt. Das muss es sein. Leonardo, ein Clown in blassgrüner Lederhose und grellgrüner Perücke, gesteht ein: "Es wird gelacht." Also was gibt es zu meckern? "Es ist nicht das Lachen, auf das man eigentlich hofft." Ein Streit entbrennt im Backstagebereich. Gerda Schaumbacher (Pina Bergemann) möchte das nicht auf sich sitzen lassen: Man kann ein Lachen doch nicht einfach nach seiner Lautstärke bemessen! Mag sein, doch das Dilemma der Clownstruppe ist damit nicht gelöst. Sie fühlt sich, als sei sie aus der Zeit gefallen. Hat sich die Tradition der Clownerie doch durch so viele Epochen hindurch bewährt, erscheint sie heute in Zeiten der Stephen-King-Horrorclowns wie ein Schatten ihrer selbst. Hinzu kommt: Die Provokationen der Harlekine wirken sicher wie eine Zumu...

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